Ora

"Lasst in eurer Mitte Psalmen, Hymnen und geistliche Lieder erklingen, wie der Geist sie euch eingibt.“

~ Eph. 5,14

Unser heiliger Vater Benedikt lehrt uns, dass dem Gottesdienst nichts vorgezogen werden soll (RB 43,3), Das gemeinschaftliche Gebet in der Liturgie wie auch das individuelle Gebet der einzelnen Schwestern soll uns zur Einheit mit Gott führen, zu der er uns alle berufen hat. Daher ist unser Gebet der tiefste und klarste Ausdruck unserer Gottsuche. Es ist auch die Quelle unserer Stärke und das Band, das alles, was wir Tag für Tag tun, zusammenhält. Der Gottesdienst ist sowohl unser liebender Dienst für Gott als auch sein liebender Dienst an uns, der uns hilft und uns stärkt. 

"Du bist die Quelle, nach der mein Geist dürstet. Du bist das Leben meiner Seele, du bist die Freude meines Herzens. Wenn ich Macht über alle Geschöpfe besässe, so würde ich sie und die prachtvollen Werke deiner Hände allesamt zum Lob deiner Herrlichkeit vereinen."

~ Hl. Gertrud die Grosse von Helfta
















Messe

"Angesichts des Erbarmens Gottes ermahne ich euch, meine Brüder, euch selbst als lebendiges und heiliges Opfer darzubringen, das Gott gefällt; das ist für euch der wahre und angemessene Gottesdienst."

~ Röm 12,1

Jeden Morgen haben wir die grosse Freude, in unserer Klosterkirche das hl. Messopfer darzubringen, wozu wir jeden herzlich einladen. Für uns Zisterzienserinnen ist das hl. Messopfer die Mitte unserer Spiritualität und der unentbehrliche Grundstein unseres ganzen geistliches Lebens.

Die Gegenwärtigsetzung des Kreuzesopfers Christi ist die Quelle und der Höhepunkt jedes Tages und unseres ganzen Lebens, eine Quelle der Gnade, die wir niemals ausschöpfen können. Wir können das unvollkommene Opfer unserer selbst mit dem vollkommenen, liebenden Opfer Jesu vereinen, und daraus erfliesst Gnade und Segen für unser Ordensleben und die ganze Kirche. 

Zugleich ist das hl. Messopfer untrennbar verbunden mit der Ehrfurcht vor der Heiligkeit des Priestertums Jesu Christi, für das wir in besonderer Weise beten.

Im hl. Messopfer bringen wir Gott die ihm gebührende Anbetung dar, und diese Anbetung fliesst über in das gesungene Stundengebet.


Stundengebet 

"Ich will dem Herrn singen, solange ich lebe, meinem Gott spielen, solange ich da bin.“ 

~Psalm 104,33

Das Stundengebet ist das Gebet der heiligen Kirche, dem wir uns von ganzem Herzen anschliessen; es ist unsere Hauptaufgabe und eine grosse Freude, dieses Opus Dei („Gottesdienst“) zu verrichten, wie der Hl. Benedikt schreibt.

Da wir unseren Weg zu Gott im Kloster nicht allein beschreiten, sondern gemeinsam und als Gemeinschaft, treten wir auch als Gemeinschaft in der Liturgie vor unseren Schöpfer und Erlöser (Geistliche Grundlagen). Gemäss altchristlicher Tradition ist das Stundengebet so aufgebaut, dass der ganze Tagesablauf und die Nacht dadurch geheiligt wird (vgl. KKK 1174), und auch der Hl. Benedikt ermahnt uns, immer in der Gegenwart Gottes zu leben (vgl. RB 7,13; 19,1-2).

Deshalb stehen wir nachts auf, um das Stundengebet zu verrichten. Es ist immer sehr ergreifend, bei Dunkelheit in die Kirche zu kommen und gemeinsam zu singen: Domine labia mea aperies, et os meum annuntiabit laudem tuam, was bedeutet: "Herr, öffne meine Lippen, damit mein Mund dein Lob verkünde."

Im Stundengebet singen wir Gott feierlich und unablässig sein Lob und treten für die Erlösung der Welt ein. Auf diese Weise setzen wir das priesterliche Wirken Christi durch Seine Kirche fort (vgl. SC 83). 

Unsere Stimme wird gleichsam zur Stimme der Kirche, zur Stimme der Braut Christi. Die Psalmen werden im Wechsel zwischen den beiden Seiten des Chores gesungen. Damit ahmen wir die Chöre der heiligen Engel im Himmel nach, die unablässig das Lob Gottes singen. Durch das Stundengebet beteiligen auch wir Zisterzienserinnen uns an dieser Anbetung unseres Schöpfers. 

Zu diesem Zweck verwenden wir im Stundengebet und in der Messe teilweise den gregorianischen Gesang in seiner überlieferten zisterziensischen Form und pflegen auf diese Weise die reichhaltige Tradition unserer Vorfahren.

Wie die heilige Regel es verlangt, singen wir alle 150 Psalmen innerhalb einer Woche. 

Betrachtung  

"So wie Maria im Obergemach durch ihr ganz vom Gebet geprägtes Leben in ihrem Herzen den Ursprung der Kirche bewahrte, so ist der weitere Weg der Kirche dem liebenden Herz und den gefalteten Händen der klausurierten Ordensfrauen anvertraut.“ 

~Verbi Sponsa


Jeden Tag gibt es Zeiten für das persönliche, stille Gebet. Dieses stille Gebet, wo wir allein mit dem Einen sind (Teresa von Ávila), ist sehr wichtig, um zu lernen, auf Seine Stimme zu hören. Dadurch vertiefen wir unsere ganz persönliche Beziehung zum Herrn, der uns aus Seinem Herzen alles schenken will, dessen wir bedürfen.  

Diese Stimme spricht leise, so dass auch wir still und leise werden müssen. "Lausche, mein Sohn, den Lehren des Meisters, neige das Ohr deines Herzens" (RB Prolog). "Höre, Tochter, sieh her und neige dein Ohr” (Psalm 44,11). 

Aus diesem Grunde gibt es jeden Tag Räume und Zeiten, zu denen wir uns ganz zum stillen Gebet zurückziehen können – ob vor dem eucharistischen Herrn in der Kirche, ob im Garten oder in der Einsamkeit der Zelle.

„Als sie einmal darüber nachdachte, wie nachlässig sie gelebt und wieviel Gnade Gottes sie nutzlos vertan hatte, […] sprach der Herr zu ihr: Wenn du die Wahl hättest, ob du alle Güter, die ich dir verliehen habe, durch Werke und Tugenden aus Eigenem dir verdient haben möchtest, oder ob ich sie dir alle umsonst geschenkt hätte: was würdest du wählen? Sie erwiderte: Ach, mein Herr, die kleinste Gabe, die du mir umsonst gewährst, ist mir lieber, als wenn ich mir die Verdienste aller Heiligen mit den grössten Tugenden und Arbeiten verdienen könnte! Und der Herr entgegnete: Dafür sei in Ewigkeit gesegnet!“

~ Hl. Mechthild von Hackeborn